Barbara Wegmann
Barbara Wegmann, Journalistin, Münster

Ach, wir haben ja jetzt soviel Zeit, diesen Satz hört man im Moment oft, ein Satz, der eher mit ungutem Unterton versehen ist, mit Befürchtungen, mit Unsicherheit. Ein Satz, der früher eher den Rentnern und Pensionären entgegenhallte, aber die haben ja bekanntlich ohnehin nie Zeit.

Die Zeit scheint zurzeit still zu stehen, das Lebenstempo zeigt sich entschleunigt, plötzlich passt soviel mehr in die Stunde, den Tag, die Woche, als es doch vor kurzem der Fall war. Ist das ein Geschenk? Ein Fluch? Eine Herausforderung ist es allemal.

Unsere Zeit wird bestimmt durch Tag und Nacht, den Monat, das Jahr, eine Schwangerschaft dauert neun Monate, ein Urlaub drei Wochen, die Tagesschau 15 Minuten, Lebensmittel haben ein Verfallsdatum, im Kalender stehen Termine und Geburtstage, und sechs Minuten braucht ein gelungenes Frühstücksei. Immer feiner, technisch ausgereifter und unser ganzes Leben bestimmend hat die Zeiteinteilung sich entwickelt, sie hat uns im Griff, manchmal so sehr, dass wir krank werden vor lauter Zeitdruck, „Man verliert die meiste Zeit damit, dass man Zeit gewinnen will“, hat John Steinbeck einmal gesagt.

manchmal erscheint die Zeit so sinnentleert, dass Depressionen und Lebensmüdigkeit daraus resultieren. Diese Zeit, die wir manchmal verschwenden, die alles diktiert, sie hat uns im Griff, sie bestimmt unser Leben, ob wir das wollen oder nicht, ein Entrinnen gibt es nicht. „Eins, zwei, drei im Sauseschritt- läuft die Zeit, wir laufen mit.“ Aber: wir haben es in der Hand, wie wir diese Zeit füllen, Zeit ist nicht immer nur Geld, wie ein Sprichwort sagt, Zeit ist der Moment, den wir erleben, es sind die Erlebnisse, die wir erlebt haben, es sind die Träume, die wir noch vor uns haben. Es wäre schade, die Zeit sprichwörtlich einfach totzuschlagen. Und es wäre schade, einem Menschen nicht Zeit zu schenken, vielleicht gerade jetzt, mit einem Telefonat, einem Brief, einer E-mail. Wie sang Udo Jürgens einmal: Schenk mir noch eine Stunde…

Es ist spannend, sich einmal anzuschauen, wie viele Sprichwörter es rund um die Zeit gibt, wie viele prominente, weise, kluge und lebenserfahrene Menschen sich der „ZEIT“ angenommen haben. Die Jugend wäre eine schönere Zeit, wenn sie erst später im Leben käme, sagte  Charlie Chaplin im hohen Alter, und Einsteins Relativitätstheorie sehe ich plötzlich mit ganz anderen Augen:  Wenn man zwei Stunden lang mit einem Mädchen zusammensitzt, meint man, es wäre eine Minute. Sitzt man jedoch eine Minute auf einem heißen Ofen, meint man, es wären zwei Stunden. Das ist Relativität“.

Die Zeit soll angeblich Flügel haben, oh ja, das spüren wir mit zunehmendem Alter, und dass eine schöne Uhr die Zeit anzeigt, und eine schöne Frau sie vergessen lässt, das ist sicher auch kein Geheimnis. Augenblicke sind kostbar, und wie heißt es im Faust: „ Werd‘ ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch! du bist so schön!“ Und irgendwann werden wir uns alle fragen: „werden unsere Kinder auch einmal sagen, es sei die gute alte Zeit gewesen, in der ihre Eltern gelebt haben?“

Aber zurück in die Realität. Wie lange diese Zeit der Virus- Krise noch dauert, niemand weiß es, nehmen wir das Beste aus dieser Zeit mit, jeder für sich, alles eine Frage der Perspektive. Wie heißt es schließlich: Die Zeit heilt alle Wunden- aus Napoleon ist ja mittlerweile auch ein Cognac geworden. In diesem Sinne, passen sie gut auf sich auf.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.Pflichtfelder sind mit * markiert

2 comments on “Donnerstag, 02.04.2020 – Zeit

  1. Christel Hellwig Apr 2, 2020

    Mir gefällt der Text mit der ausdrucksvollen Stimme sehr gut. Da steckt so viel Wahrheit darin …. ich wusste bislang nicht das die Zeit so facettenreich ist …..werde die Zeit jetzt besser nutzen bzw. Es versuchen.
    Danke 😊

  2. Mir gefällt der Text mit der ausdrucksvollen Stimme sehr gut. Da steckt so viel Wahrheit darin …. ich wusste bislang nicht das die Zeit so viele werde die Zeit jetzt nicht mehr an mir vorbeilaufen lassen.