Barbara Wegmann
Barbara Wegmann, Journalistin, Münster

Wenn sich 100 Schneeflocken auf dem Rücken eines kleinen Marienkäfers türmen, dann ist dessen Weiterleben unbestimmt, fallen sie auf den Rücken eines Elefanten- wobei dieser selten in Schneeregionen lebt, dann wird er es nicht wahrnehmen, was für den einen also eine lebensbedrohliche Katastrophe ist, das ist für den anderen eine kaum wahrnehmbare Tatsache. So ähnlich verhält es sich auch mit den Nachrichten, denen wir am Tag ausgesetzt sind.

Wenn in einem Jahr einem Nachrichtenportal zufolge deutschlandweit 51 Menschen in Badwannen tödlich ausrutschen und in nur 140 Litern Wasser ertrinken, dann ist das absolut gesehen eine Tragödie, 51 beklagenswerte Schicksale. Es ist aber gemessen an der Tatsache, dass täglich 150 000 Menschen weltweit generell sterben nur eine unbedeutende Zahl. Alles ist immer eine Frage der Relation. Und es ist die Frage: sehe ich einen Tatbestand als absolut oder sehe ich ihn relativ, also im Zusammenhang oder Vergleich mit Anderem. Das ist schon ein ziemlicher Unterschied

Da haben sich Statistiker der Weltgesundheitsorganisation die Mühe gemacht und herausgefunden, dass zehntausende Menschen jedes Jahr durch Lärm ums Leben kommen. Die meisten davon, wie eine Nachricht lautet, durch Volksmusik. „Was früher der Blitz war, sind heute Hansi Hinterseeer, Stefan Mross oder Florian Silbereisen.“ Na, ob das ganz so ernsthaft gemeint war?

Jeder Corona- Tote ist sicher einer zu viel, sowie auch jeder Tote durch Tabak- Konsum einer zu viel ist. Jeder zehnte Tote weltweit stirbt an den Folgen des Nikotinkonsums heißt es in einem Welt- Artikel. Vor diesen Dimensionen möge der Himmel uns, was Corona angeht, bewahren. Trotzdem gibt es für Corona alle nur erdenklichen Schutzmaßnahmen, die uns beschützen sollen, die mit ihren Folge- und Nebenwirkungen die Wirtschaft schädigen, das Leben verändern und lahmlegen. Und für den Tabakkonsum? Die Branche wächst um knapp 2 Prozent, so die Prognosen für die kommenden zwei Jahre. Es gibt Werbung, aber keine Verbote, trotz der bekannten Tatsachen Sind Steuereinnahmen und Arbeitsplätze wichtiger als die Gesundheit von Menschen? Warum bekämpfen wir Corona, aber nicht den Tabakkonsum?

Alles ist immer eine Frage der Relation.  

HIV mit weltweit bisher weit über 30 Millionen Toten, Ebula, Cholera, Malaria, oder die Grippe, Seuchen, die das Leben bedrohen, Seuchen, die weltweit unterschiedlich wüten und verbreitet sind, Viren, die alles andere als besiegt oder etwa nicht mehr angriffslustig sind. Die viel zu hohe Zahl der Verkehrstoten. Opfer von Kriegen, Opfer von Gewalt und Not, von Wasser- und Nahrungsmangel. Warum sind die Anblicke dieser weltweiten Nöte nicht ebenso ansteckend wie ein Virus, warum berühren uns diese Nöte nicht viel tiefer, warum ist die Hilfe nicht intensiver, warum nehmen wir Nöte in Afrika so fast unberührt hin, warum beklagen aber Viele lauthals den Corona bedingten Stillstand zurzeit, obwohl man uns doch nur schützen will? Warum schalten sich Intellekt und Logik so schnell aus, wenn ein unsichtbares Virus uns angreift. Es ist die Angst, Angst um unser Leben und Wohlergehen, aber darüber sollten wir andere Nöte nicht vergessen. Lassen wir uns durch die auf Corona fokussierten Medien nicht verunsichern:  Denn jeder Tote weltweit bringt Trauer und Verlust. Auch jene seit 100 Jahren im Schnitt 100 Lawinentote jährlich. In Relation gesehen sind hier die tödlichen Schneemassen ebenso tragisch und tödlich wie die Schneeflocken auf dem Rücken des Marienkäfers, es ist alles immer eine Frage der Relation.

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