Annika Ernst, Saxophonistin I Instrumental-Pädagogin
Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde: Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit; töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit; abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit; weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit; Steine wegwerfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit; herzen hat seine Zeit, aufhören zu herzen hat seine Zeit; suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit; behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit; zerreißen hat seine Zeit, zunähen hat seine Zeit; schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit; lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit; Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit.
Diakon Günter H. Weingarten ist seit 1997 Mitglied im Brüder- und Schwesternrat, seit 2016 Mitglied im Seniorenbeirat der Gemeinschaft. Foto: Anja Kruse
Eine Begebenheit aus den siebziger Jahren erinnert Günter Weingarten aus Bad Essen.
“Wunder gibt es immer wieder, heute und auch morgen, können sie gescheh’n” – sang Katja Ebstein 1970 beim Song Contest Eurovision für Deutschland. Vergebung – und damit ein Neuanfang – ist auch heute möglich.
Günter H. Weingarten, Diakon u. ehem. Brüderältester der ‘Diakonischen Brüder- und Schwesternschaft Wittekindshof’, aus Bad Essen.
Ein Kind ist heute geboren, Jesus wird es heißen, Maria seine Mutter und Josef sein Vater stehen an der Krippe und bewundern das neue Leben, aber: tun das nicht alle Eltern, jede Mutter, jeder
Barbara Wegmann Journalistin aus Münster
Vater? Die Großeltern? Auch an diesem Weihnachtsfest, wie an jedem anderen Tag werden Kinder geboren, in eine ganz besondere Zeit, eine schwere, eine unsichere. Ganz ähnlich wie früher. Nur sind es heute nicht Armut und Elend, fehlende medizinische Versorgung und fehlende Kenntnisse darum, die das neue Leben gefährden, heute grassiert ein Virus, eine Pandemie, die unser aller Leben einschränkt und beschwerlich macht. Wie halten sie es zu Weihnachten heute? Gehen sie in die Kirche? Gehen sie in die Kirche, selbst wenn sonst alle Veranstaltungen, zu denen sich mehrere Menschen treffen abgesagt sind? Ich erinnere mich noch gern, wie meine Mutter früher erzählte, dass man gerade auf dem Dorf am Heiligabend in die Kirche doch auch schon aus lauter Neugier ging, schließlich war die Bescherung schon vorbei und wer weiß, vielleicht hatte eine Bekannte ja einen neuen Pelzmantel bekommen. Der Gottesdienst zu Heiligabend- eine Pflichtübung?
Zu Wochenbeginn hieß es in einem Kommentar auf WDR4 früher seien so manche Verwandte auf dem Weg in die Kirche am Heiligen Abend irgendwie vom Weg abgekommen und in einer Kneipe gelandet, aber: das geht ja heute auch nicht. Wie wichtig ist der Gottesdienst zum Heiligen Abend? Eine Gewohnheit, eine lästige Pflicht, Routine oder bedeutet er mehr? Das mag jeder für sich entscheiden, aber für uns alle muss eigentlich gelten: wir sollten zuhause bleiben, denn das Virus macht vor einer weihnachtlichen Kirche ganz sicher nicht Halt.
Wer den Weihrauch in der Kirche vermisst, kann ihn zuhause räuchern und sich an die Raunächte erinnern, einen alten und so schönen Brauch, jene Tage zu begehen, die zwischen den Jahren liegen, das Ende des alten, der Beginn des Neuen Jahres. Das Räuchern gehörte schon lange vor Christi Geburt zu wichtigen Ritualen, bei denen nicht nur Weihrauch benutzt wurde. Man säuberte die Luft, reinigte die Atmosphäre. Nirgendwo mehr gab es dann die viel zitierte „dicke Luft“. Zu Geburten beispielsweise benutzte man auch Salbei, Thymian, Rosmarin oder Sandelholz. Und es entstand eine ganz besondere Atmosphäre, die Schwingungen der Räume, so sagt man, werden verändert, die Seele angesprochen.
Räuchern, das klappt hervorragend zu Hause, im Stillen, oder auch vor dem Fernseher bei einem dort oder im Internet übertragenen Gottesdienst. Gott ist allgegenwärtig, so heißt es doch in allen Religionen, ein guter Grund also, auf den Kirchenbesuch heute und an den Weihnachtstagen zu verzichten, selbst wenn sie nicht verboten sind. Statt Glockenklang erinnern wir uns doch an das kleine Glöckchen, das Kindern früher den Zutritt zum Weihnachtszimmer erlaubte. Erinnern wir uns an die Verantwortung, die wir unseren Kindern und den Familien gegenüber haben, bleiben wir zuhause. Die Pandemie ist eine überzeugende Entschuldigung, die jeder Gott, der Leben schützt und bewahrt, verstehen wird.
Die Tage sind endlich! Ein Lied komponiert von dem in Enger lebenden Karl-Heinz Cottmann.
Karl-Heinz Cottmann, Enger
Der Text passt auf verblüffende Art und Weise in unsere Zeit. Der Liedtext soll uns erinnern, dass alles ein Ende hat und ermutigen das Beste aus der Zeit zu machen. Der Komponist selbst hat den Liedtext vorgetragen.
Bertold Becker – Pfarrer der Evangelich-Reformierte Kirchengemeinde Bielefeld
In der alten Pfingstgeschichte, die der Evangelist Lukas erzählt, werden die Freundinnen und Freunde Jesu auf einmal – wie durch einen frischen Wind – mit soviel neuem Lebensatem erfüllt, dass sie hinausgehen – aus ihrer Enge – auf den Marktplatz treten und mit Feuer und Flamme reden, was sie antreibt: „Euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr… Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden“ bei euch, in euch, um euch herum und auf der ganzen Welt! Die Angesprochenen, die aus aller Welt kommen, ihnen kommt es so vor, als würden sie in ihrer Muttersprache angeredet – weil sie etwas hören, was sie tief innen bewegt, anspricht und aufrichtet. Mit dem pfingstlichen Geist sind wir in unserer Muttersprache berührt und zu einer Gemeinschaft berufen, in der alle dazugehören, selbst wenn an Pfingstsonntag nur 50 Menschen in der Süsterkirche sind. *** Jesu Geist lehrt den Glauben an die Kraft der Liebe. Der Evangelist Matthäus schließt sein Evangelium darum mit folgenden Worten: „Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden. Darum geht hin und macht zu Nachfolgerinnen und Nachfolgern alle Völker. Taufet sie“ also – stellt sie hinein in die Kraft Gottes – „und lehret sie, was ich geboten habe“ (Mt 28,19-20) Frieden auf Erden! Kraftvoll sind die sanft Mutigen! Ihnen gehört die Erde! Hier geht es nicht um einen imperialistischen Taufauftrag, in dem jede und jeder bekehrt werden soll! Der Taufauftrag bedeutet vielmehr, die und den anderen, die ganze Welt hineinzudenken in die Gemeinschaft mit Gott, weil in Gott jede und jeder mit Kraft umgeben ist – mit der Kraft des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe. *** Auf ans Werk! Lasst sie uns sichtbar machen diese Kraft der Teilhabe, der Verständigung, der Hoffnung, die niemanden ausschließt, die keine Flüchtlingsghettos schafft und Kriegswaffen exportiert. Pfingsten ist dieser Geist, diese Vision, dieser Mut von einem Zusammenleben, in der jede und jeder heilig ist und frei und lebendig, weil sie und er von der Quelle lebt und getragen ist in Gott. Die ganze Schöpfung ist Teil dieser Gemeinschaft, nicht nur Menschen, sondern auch Tiere und Insekten und Bäume sind heilig. Pfingsten – das ist der Traum von der Schönheit der Welt, die im Zusammenleben sichtbar wird. Pfingsten ist der Traum von einer Gemeinschaft, in der auf leeren Stühlen in einer Kirche andere mitgedacht sind… Pfingsten ist ein Traum von einer Gemeinschaft, in der immer Stühle frei bleiben, weil jede und jeder willkommen ist… Ich glaube an diese heilige, allgemeine, umfassende Kraft der Gemeinschaft in Gott, die immer international ist und zugleich lokal und regional. Sie ist unsichtbar – und wird doch sichtbar durch uns Menschen, die wir ihr trauen und folgen. *** Es ist jetzt genau ein Jahr her, Pfingsten 2019: Da gab es eine junge Frau, die sich durch eine Freundschaft anrühren ließ von der Not der nomadischen Gemeinschaft der Wodaabe. Diese alte Wüstengemeinschaft lebt im Niger – am Rande der Sahara… Ihr Brunnen war eingefallen und gab keinerlei Wasser mehr. Vieherden waren gestorben, denn in dem Wandel des Klimas blieben Regenfälle aus – und ganze Ernten verdorrten. Wie also überleben – ohne Geld und „Brot und Wein“? Nomadischer Schmuck – verkauft in Europa – sollte den Stamm retten… Einer wurde losgeschickt – doch einer allein konnte soviel Schmuck gar nicht verkaufen, wie nötig gewesen wäre, um den Brunnen zu reparieren und tiefer zu graben (denn mit dem Klimawandel sinkt auch das Grundwasser). Pfingsten vor einem Jahr gab es eine junge Frau, die eine Freundschaft pflegte und ein Netzwerk knüpfte … … und dieses Netzwerk dazu führte, dass im Ökumenischen Pfingst-Gottesdienst 2019 auf dem Klosterplatz eine großartige Kollekte gesammelt wurde… und einzelne dazugegeben haben … und dann der Brunnen gebaut werden konnte … und ein Freudenfest in der Sahara gefeiert wurde, so ausgelassen, dass es bis nach Bielefeld hörbar war. In Corona-Zeiten stellt sich heraus, dass der Brunnen mit dem lebendigen Wasser des Lebens nicht ausreicht, sondern die rasant gestiegenen Preise von Lebensmittel, Medizin und Hilfsgütern Menschen überall in der Welt an ihre Existenznot bringt. Umso mehr gilt es, Pfingsten zu feiern, diesen Jesus-Geist mit dem Traum von einer Gemeinschaft, die füreinander eintritt, die von der Quelle getragen ist, von Zuversicht und Hoffnung und Liebe. Überall entsteht diese Gemeinschaft. Sie ist nicht tot zu kriegen. Das beseelt mich. Das erfüllt mich. Das macht mir Mut. Das gibt mir Hoffnung. Das tröstet mich bei Fehlern und bei Versagen. Christus ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden! Halleluja! Frohe Pfingsten!
Bertold Becker – Pfarrer der Evangelich-Reformierte Kirchengemeinde Bielefeld
Frohe Pfingsten! Pfingsten – das ist ein Fest, das die Frage nach dem Geist stellt: Was beseelt mich? Was erfüllt mich? Was macht mir Mut – und gibt mir Zuversicht und Hoffnung? Welche Kraft lässt mich fühlen, dass ich ein Teil von einem Ganzen bin… gebraucht, gewollt, willkommen? Ich stehe hier in der Reformierten Süsterkirche in Bielefeld. Die Kirche ist anders gestaltet als sonst: Stühle stehen mit Abstand im Raum. Nur jede zweite Bankreihe lädt zum Sitzen ein. So ist dafür gesorgt, dass wir Distanz halten und Gottesdienste in Corona-Zeiten feiern können. Wir haben in der Kirche am Anfang einzelne Stühle auf Abstand gestellt… Doch irgend etwas war daran falsch. Es wirkte so merkwürdig, dass wir jetzt fast alle Stühle als Zweierplätze eingerichtet haben. Zwei nebeneinander, in den Bankreihen drei oder mehr Plätze – das sieht jetzt ehr nach Gemeinschaft aus. Wenn jemand alleine sitzt, deutet der leere Stuhl daneben an, dass sie – oder er doch nicht ganz alleine ist. Ganz alleine geht in der Kirche irgendwie nicht! Und nur paarweise sitzen – oder in kleinen Gruppen – das geht irgendwie auch nicht. Denn Kirche steht dafür, dass wir nicht alleine sind, selbst, wenn wir alleine, oder als Paar, oder als Familie kommen und wieder gehen. Kirche steht für eine Gemeinschaft, die mehr ist, als sie ist. Wenn am Pfingstsonntag 50 Menschen in dieser Kirche Gottesdienst feiern – mehr geht unter Corona-Bedingungen nicht – dann ist diese Gemeinschaft Sinnbild ist für etwas, das viel mehr ist, viel weiter, viel freier, viel offener und viel umfassender. Im Gottesdienst geht es um eine Gemeinschaft, die eigentlich nicht sichtbar ist – und doch sichtbar wird an den Menschen die kommen – und Stuhlgruppen, die vereinzelt im Raum stehen. Die Gemeinschaft ist nicht identisch mit denen, die hier sind, sie weist über sie hinaus. Sie verweist auf den Geist, der hier zusammenführt – auf die Idee, warum Menschen kommen – und miteinander feiern, und Nähe suchen, die mehr ist als das, was ist… *** Was beseelt? Was erfüllt? Wofür steht die Kirche, wofür brennt sie? Was treibt sie an und macht sie aus? Die Antwort ist einfach: Der Geist Jesu erfüllt! Es ist der Geist von dem, der sagt: „Selig die Trauernden – sie werden getröstet werden. Selig die Gewaltlosen – sie werden das Land erben. Selig, die Frieden stiften – sie werden Söhne und Töchter Gottes genannt werden.“ (Mt 5,2ff)
Heiliger Geist, erfülle mich heute. Ich möchte auf deine Herrlichkeit bedacht sein. Führe mich Herr, ohne dich fällt es mir schwer zu atmen. Erfülle mich, Heiliger Geist Gottes.
Meine Seele braucht deine Festigkeit und in dir möchte ich gegründet sein. Ich bin auf dem Weg zur Ruhe bei dir, mein Herz ist voller ungetrübter Dankbarkeit
Was für ein Text. Man hat den Eindruck, da ist jemand förmlich verliebt in den Heiligen Geist. Ja, dieses Gebet stammt aus einer anderen Kultur und ist Teil eines Liedes, das uns jetzt gerade zu Pfingsten 2020 erreicht – aus Kuba – und nur in spanischer Sprache: https://youtu.be/LILiD-vFJlk
Dieses Gebet entstand nicht in einer warmen, sorgenfreien Atmosphäre. Die kubanische Sängerin Narjara leidet wie alle anderen Menschen auf der Karibikinsel unter der akuten Not. Doch sie ruft nicht zuerst um Hilfe für das alltägliche Leben, sondern wünscht sich mitten in der Krise die Erfüllung durch Gottes Geist. Das ist die zentrale Bitte zu Pfingsten.
Kuba ist hart von der Corona-Krise getroffen. Die vielen Menschen auf der Straße suchen verzweifelt nach Lebensmitteln, Toilettenartikeln, Medikamenten, fast allem. Es ist ein täglicher Kampf ums Überleben. Aber gerade jetzt inmitten einer solch schwierigen Situation und Unsicherheit werden die Gebete lauter, dass Gott seine Hilfe und vor allem seinen Heiligen Geist schickt.
Und so verwundert es nicht, dass die Sängerin einen Wunsch äußert, nämlich, dass die Menschen durch dieses Lied berührt werden und dass eine Sehnsucht entsteht, die eine Bitte bei jedem auslöst: Erfülle mich, Heiliger Geist Gottes.”
Maria Leistner aus Dortmund sieht nichts. Sie ist Blind und eine lebensfrohe Frau, die Halt und Sicherheit in ihrem Glauben tagtäglich erfährt. Sie erzählt von einer toller Begebenheit, die sie gestern erlebte.
Dazu ein Bibelvers aus Johannes, Kapitel 17, 20 ff.
Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden,dass sie alle eins seien. Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, auf dass die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, auf dass sie eins seien, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir, auf dass sie vollkommen eins seien und die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, wie du mich liebst. Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast; denn du hast mich geliebt, ehe die Welt gegründet war. Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht; ich aber kenne dich, und diese haben erkannt, dass du mich gesandt hast. Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich liebst, in ihnen sei und ich in ihnen.
Bertold Becker – Pfarrer der Evangelich-Reformierte Kirchengemeinde Bielefeld
Die Himmelfahrt Christi ist ein merkwürdiges Fest. Die alten Erzählungen graben sich nicht tief ins Herz hinein. Vielleicht können sie es auch nicht, denn viel erzählt wird eigentlich nicht. Christus, der Auferstandene, wird vor den Augen der Jünger (und Jüngerinnen) in den Himmel gehoben. Wo, aber bitte schön, ist der Himmel? Der Himmel ist ein Ort, der – im Bild gesprochen – alles umgibt. Er umhüllt die Erde und schafft Raum, dass überhaupt etwas wächst und gedeiht – unter dem Licht der Sonne und dem Regen der Wolken, die am Himmel entlangziehen. Wenn jemand gestorben ist, dann sagen wir zuweilen den Kindern – (und auch uns Erwachsenen): Der geliebte Mensch ist im Himmel, also aufgehoben in etwas, das wir sehen und zugleich nicht sehen. Der Himmel umschreibt hier metaphorisch das Aufgehoben sein in Gott. „Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen.“ Der Wochenspruch für die kommende Woche fasst ins Auge, was mit der Himmelfahrt möglicherweise verbunden ist: Wenn Christus in den Himmel gefahren ist – aufgehoben in die ungebrochene Einheit mit Gott – sind wir mit ihm ebenfalls in diese Einheit mit hineingenommen. – Wie im Himmel, so auf Erden. Der Himmel beinhaltet neben der Nähe zugleich die Metaphorik der Distanz: Wer im Himmel wohnt, ist woanders und nicht mehr hier. Das Andere aber ist tatsächlich das „Ganz Andere“: Nicht greif- und fassbar. Der Himmel bleibt Geheimnis, selbst wenn seine Nähe täglich spürbar ist. Diese Distanz mutet uns die Himmelfahrt Christi zu. „Wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht erschienen, was wir sein werden. Wir wissen: Wenn es erscheinen wird, werden wir ihm gleich sein; dann wir werden ihn sehen, wie er ist.“ heißt es im 1. Johannesbrief (1. Joh 3,2). Wir sind schon – und wir sind´s noch nicht, weil wir erst werden, was wir sind. Der jüdische Philosoph Ernst Bloch sagt: „Ich bin, aber ich habe mich nicht. Darum werden wir erst“. Himmelfahrt benennt diese Spannung von Nähe und Distanz. Da Pfingsten noch auf sich warten lässt und erst in 10 Tagen gefeiert wird, lädt Himmelfahrt dazu ein, Pause zu machen, abzuwarten und der Dinge zu harren, die da kommen. Warten – und getrost sein. Die Dinge sind noch im Werden. Die alten Geschichten von Himmelfahrt laden die Jüngerinnen und Jünger zum Pause-Machen ein: Esst und trinkt, teilt das Brot und den Wein, sammelt euch, stärkt euch… Es kommt eine andere Zeit. Dieser Hoffnung schließe ich mich an und Grüße herzlich! Ihr Bertold Becker