Seit kurzem bin ich stolze Besitzerin eines Grammophons und einen kleinen Schatz an Schellackplatten habe ich auch schon. Im Bekanntenkreis schüttelt man zunächst den Kopf, das habe doch so gar keine Tonqualität, und ich wolle damit doch wohl nicht Bach oder Mozart hören.

Barbara Wegmann
Barbara Wegmann, Journalistin, Münster

Nein, das mache ich auch nicht, obwohl Mozart oder Bach schon gestaunt hätten, wenn man zur damaligen Zeit ihre Musik hätte aufnehmen können, Musik, die sich dann in kleinen schwarzen Rillen versteckt, aber das Grammophon wurde ja auch erst viel später erfunden.

Nach anfänglicher leiser Kritik öffnet sich dann bei den Freunden aber doch ein Türchen: das hatten meine Großeltern auch, sagen die einen, hört sich an wie ein alter Reichsempfänger, die anderen und spart Strom wieder andere, denn um das Gerät in Bewegung zu setzen muss man eine Kurbel bedienen, dann den Tonarm aufsetzen. Und will man die Musik etwas lauter hören, werden- wohlgemerkt und wahr-  einfach die kleinen Türen vorne am Schrank geöffnet. Ja, ja, das ist kein Scherz.

Meine Tochter stand einige Zeit vor dem Gerät, und meinte spontan: irgendwie toll, das ist gelebte Geschichte. Ja, so sehe ich es auch, Altes bewahren, aufleben lassen, in den modernen, heutigen Tag mit einbeziehen, dann gehen alte Dinge auch nicht verloren, wir vergessen sie nicht. Gleichzeitig bewahren sie aber ihren alten Charakter, erzählen von alten Zeiten, und man selbst bekommt große Achtung vor den Errungenschaften um zum Beispiel 1880 herum. Nicht nur, dass man mit den alten schwarzen dicken Platten die Originale der Zeit hört, es wechseln dann plötzlich auch die Ohrwürmer. Die zeigen sich zeitweise sehr nostalgisch und erstaunlich dauerhaft: „Lass die Sonne wieder scheinen“, die junge Connie Froboess, oder „Blaue Nacht am Hafen“ von Lale Andersen.

Ich habe viele alte Bücher, zum Teil noch in Sütterlin geschrieben, auch ein uraltes Röhrenradio und verstaubte Wecker aus den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts. Alles erzählt irgendwie von früher und man wünschte, man könnte aus dem Ticken, zwischen den Zeilen oder dem Klang erkennen, welche Geschichten die alten Dinge schon erlebt haben.

Auf jeden Fall leben sie heute mit mir, wie sagte meine Tochter: gelebte Vergangenheit, und ich sage ganz ehrlich: irgendwie kriegt man mehr Respekt vor der heutigen Technik, wenn man weiß, aus was sie sich entwickelt hat. Altes, Vergangenes sollte man immer versuchen, mit dem Heutigen, dem Neuen zu verbinden, das Heute wird dann mehr Fundament haben. Wir sind so vernetzt heute, vergessen aber oft, dass wir auch mit dem Alten vernetzt sind.