Udo Waschelitz, Diplom-Religionspädagoge
Udo Waschelitz, Diplom-Religionspädagoge und langjähriger Redakteur bei der evangelischen Wochenzeitung Unsere Kirche

„Mir geht das Virus einfach nur noch auf den Geist“, schreibt ein Redakteur in einer in Ostwestfalen-Lippe verbreiteten Tageszeitung. Er erinnert daran, dass wir nun schon seit einem Jahr mit dem Corona-Virus und den bekannten Einschränkungen leben.  Er habe das „Abstandsmenschdasein gehörig satt“ und wolle sich auch nicht mehr hinter Masken verstecken. Es klingt wie ein Verzweiflungsschrei, wenn er schreibt: „Ich will mein altes Leben zurück.“

Das erinnert mich an eine Geschichte, die von Menschen erzählt, die sauer waren und sich in ihr altes Leben zurücksehnten. Und das schon nach sechs Wochen und nicht erst nach einem Jahr. Sie waren einem fremden Land, in dem sie unterdrückt wurden, entkommen. Endlich frei! Doch ihnen knurrte der Magen, denn in der Wüste gab es nichts zu essen. Sie wurden mürrisch und murrten, beschwerten sich bei ihrem Anführer. Sie sehnten das alte Leben zurück. Da gab es wenigstens genug zu essen.

Die Geschichte steht in der Bibel. Die Israeliten waren endlich frei, lebten nicht mehr als Sklaven in Ägypten. Aber auf der Wüstenwanderung beschwerten sie sich bei ihrem Anführer, dem Mose. „Wir haben Hunger!“ Sie murrten. Dieses Wort kommt in der Geschichte acht Mal vor, die soeben erschienene Basis-Bibel wird noch deutlicher: Sie rebellierten.

Das kommt uns bekannt vor: Rebellion gegen Einschränkungen wegen des Corona-Virus in den Niederlanden, Demonstrationen in vielen Orten in Deutschland. Wir wollen das alte Leben zurück haben!

In der biblischen Geschichte kommt Gott ins Spiel. Denn schließlich hat er ja dafür gesorgt, dass die Israeliten aus Ägypten raus konnten. Und so wendet sich Mose an Gott: Hör dir das an, wie das Volk murrt und rebelliert. Und das Wunder geschieht: Gott hilft. Er nimmt ihnen das Murren nicht krumm, sondern schickt Wachteln, die sich abends erschöpft in der Wüste niederlassen und leichte Beute sind, und morgens schickt er Manna, Kügelchen aus Pflanzensaft. Abends gegrilltes Geflügel und morgens Müsli. Immer so viel, dass es gerade für eine Mahlzeit für alle reicht.

Eine wundervolle Geschichte aus alten Zeiten. Und Wunder gibt es immer wieder. Auch in diesen Corona-Zeiten? Hört Gott unser Murren? Und wenn ja, was dann?

Ein Beispiel: Eine ältere Frau fühlt sich einsam und verlassen. „Niemand besucht mich,“ klagt sie. Da klingelt es, und eine alte Bekannte steht in der Tür. „Mensch, Susanne, dich schickt der Himmel. Ich dachte schon, alle hätten mich vergessen.“ Für diese Frau war der Besuch ein Gottesgeschenk.

Wachteln und Manna brauchen wir in diesen Corona-Zeiten nicht, aber Kraft zum Durchhalten, kleine erfrischende Erlebnisse, und einen Blick nach vorn auf das Licht am Ende des Tunnels. Im Pfarrbrief der hiesigen katholischen Gemeinde fand ich ein Gebet in Corona-Zeiten, in dem es heißt: „Erhalte in uns die Hoffnung auf dich, unseren Gott, der uns tröstet wie eine liebende Mutter und der sich aller annimmt. Dir vertrauen wir uns an. Du bleibst uns nahe, auch wenn wir Abstand voneinander halten müssen.“               

Udo Waschelitz, ehemaliger Kirchenjournalist, Halle (Westfalen)

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