Udo Waschelitz, Diplom-Religionspädagoge
Udo Waschelitz, Diplom-Religionspädagoge und langjähriger Redakteur bei der evangelischen Wochenzeitung Unsere Kirche

In diesen Corona-Zeiten sind viele Geschäfte und öffentliche Einrichtungen geschlossen, ebenso kirchliche Gebäude. Hinweise an den Türen machen darauf aufmerksam und bitten um Verständnis. An einem Gemeindehaus meiner Kirchengemeinde hängt außerdem ein Blatt mit einem Bibelvers, der wunderbar in diese aufgeregte Zeit passt. Er lautet: „Gott hat uns nicht den Geist der Furcht gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“

Besonnenheit in aufgeregten Zeiten von Corona-Pandemie und Corona-Panik. Besonnenheit ist gefragt, wenn Sorgen und Ängste die Menschen quälen. Und wir brauchen Kraft, um nicht wegen angeordneter Bewegungs- und Kontakteinschränkungen zu verzagen. Manche Menschen empfinden die Aufforderung, zu Hause zu bleiben, als eine Zumutung. Doch was ist der Aufenthalt in der eigenen Wohnung im Vergleich zu einer Haftzelle. Der Apostel Paulus, von dem der Satz an der Gemeindehaustür stammt, hat ihn im Gefängnis in Rom geschrieben. In dieser mehr als ungemütlichen Situation schreibt er in einem Brief diesen Satz: „Gott hat uns nicht den Geist der Furcht gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ Paulus war kein Übermensch, sondern ein Mensch mit Gottvertrauen. Er setzte nicht auf seine eigene Stärke, sondern auf die Kraft Gottes. In einem anderen Brief hat Paulus geschrieben: „Ich bin guten Mutes in Schwachheit, in Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen und Ängsten um Christi willen.“ Und dann fügt er noch die paradoxe und starke Aussage hinzu: „Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“ Das war keine steile philosophische Aussage von Paulus, sondern seine Lebens- und Glaubenserfahrung.

Ich verstehe den Paulus so: Gerade, wenn wir schwach sind, wenn Fragen, Sorgen und Ängste uns quälen, will Gott uns stark machen. Und besonnen. Und fähig zur Nächstenliebe. Auch und gerade in Krisenzeiten.

Vielen Dank für die Bibelstelle an der Gemeindehaustür!

Barbara Wegmann
Barbara Wegmann, Journalistin, Münster

Wer hätte das vor wenigen Wochen gedacht, dass unser Leben sich so grundlegend verändern könnte, dass wir gezwungen sind, gewohnte Strukturen zu verlassen und erst einmal von lieb gewonnenen Gewohnheiten uns verabschieden, ja oftmals den Job, die Arbeit ruhen lassen zu müssen. Das trifft viele Menschen hart, manche haben jetzt Existenzängste, andere wiederum sind verunsichert, weil sie gar nicht wissen, was sie mit ihrer ‚neuen Zeit‘ anfangen sollen. Wieder andere empfinden große Einsamkeit, fühlen sich allein gelassen, weil plötzlich die Menschen aus ihrem gewohnten Alltag nicht mehr da sind. Der Staat zeigt sich stark, aber: die eigentlich Starken, das sind wir alle, wir, die wir letztlich damit fertig werden müssen und lernen müssen damit umzugehen. Wie lange, das weiß im Moment niemand
„Auch wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute noch einen Apfelbaum pflanzen.“ – Das soll Martin Luther gesagt haben. Wieviel Optimismus liegt darin! Lassen wir uns davon anstecken. Ich habe das in den letzten Tagen an mir selbst erlebt: wenn man erst einmal die Tatsachen, die sich draußen vor der Haustür jetzt abspielen akzeptiert, Tatsachen, die einfach unabänderlich sind zur Zeit, dann fallen einem plötzlich tausend Dinge ein, die man immer schon tun wollte, eine Schublade aufräumen, einen Brief schreiben, Fotos sortieren, ein Buch lesen oder ein gutes Konzert hören, die Ruhe, die Entspannung, die Zeitlosigkeit einfach zulassen. Versuchen sie es doch einfach einmal. Belasten sie sich nicht zu sehr mit all den auf uns herabprasselnden Nachrichten, schaffen sie sich ihre eigenen Aufgaben, kleine neue Ziele, wenn die geplanten nun gestrichen wurden, machen sie ihren Balkon hübsch, wenn schon die Reise auf eine Insel nicht möglich ist, lassen sie die Trauer über Unmögliches nicht zu, aber machen sie alle Herzenstüren weit auf für all das, was möglich ist.

Ich erinnere mich gern in einer solchen Situation an meinen Vater, der Chemiker war und Hobbyorganist. Als er pensioniert wurde, erfolgte wenige Jahre später eine Bein-Amputation aufgrund seiner Diabetes, mit dem Orgelspielen war es dann auch aus. Tiefe Traurigkeit, eine Zeit lang. Als ich ihn dann eines Tages besuchte, sagte er, komm mal mit auf den Balkon. Dort standen rund 10 kleine Blumentöpfchen, beschriftet mit den Kernen, die er gepflanzt hatte, Apfel, Apfelsine, Pfirsich, Zitrone, Sonnenblumen, ich weiß es nicht mehr, war aber überrascht. Mein Vater und Blumentöpfe? Woran ich mich aber erinnere, das ist sein glückliches, optimistisches Gesicht, denn jeden Tag schaute er mit Ende 70 nach seinen Blumentöpfen, las plötzlich viel über Pflanzen und Anbau, und war stolz wie Bolle, als das erste zarte Grün herauskam.
Lassen sie es uns auch so machen: Hoffnung und Glauben, das sind zwei starke Kräfte, ich möchte in diesen Tagen eine dritte hinzufügen: die Kreativität, das auf das Leben neugierig bleiben. Passen Sie gut auf sich auf!