Barbara Wegmann
Barbara Wegmann, Journalistin, Münster

Hommage an meinen Frisör

Seit heute habe ich ein wichtiges Date, ein Date in der ersten Maiwoche mit einem Mann, und obwohl ich diesen Mann schon seit 35 Jahren kenne, habe ich nach langen Wochen des nicht Sehens jetzt große Sehnsucht nach ihm, normalerweise sehen wir uns etwa alle zwei bis 3 Wochen für eine kurze Zeit. Es ist mein Frisör. Seit zwei Monaten haben wir uns nicht mehr gesehen und obwohl meine Familie mir aufmunternd immer wieder sagt, Mama, du kannst noch vor die Tür gehen, habe ich doch das schleichende Gefühl allmählich meinem Handfeger zu ähneln. Wir Kurzhaar- Frauen haben da doch eher Probleme…..Aber: Kein Frisör bei Corona. Furchtbar, ich weiß, es gibt absolut weitaus wichtigeres als den Frisör in dieser Krise, aber wenn wir Gesundheit, Kultur, Wirtschaft, die Arbeit und den Job in diesen Tagen nicht vergessen sollen, dann dürfen wir bitte auch einen ganz kurzen Gedanken an die eigene Schönheit verschwenden, denn ich denke, ein Aussehen, mit dem man sich wohlfühlt das gibt auch ein stückweit den ertragreichen und selbstbewussten Boden für Handeln und Denken. Mit meinem Kopf zurzeit …na ja….

Das Wort Frisör kommt aus dem Französischen, und das Verb ‚friser‘ meint kräuseln, ja, in meiner frühen Jugend, der 68er Zeit, hatte ich öfter künstliche Locken, ich erinnere mich noch an den unangenehmen Schwefelgeruch. Es war eine Tortour. Aber sah gut aus.

Ein Deutscher war es übrigens, der Anfang des 20. Jahrhunderts die Dauerwelle erfand, etwa 50 Jahre zuvor hatte ein Franzose die Ondulation kreiert.

Haare hatten immer eine besondere Bedeutung, in der Mode, der Magie oder auch der Religion. Schon in der Antike glaubten Menschen, eine Haarpracht stünde mit höheren Mächten in Verbindung, Sklaven wurden die Haare abrasiert. In der Bibel galten lange Haare der Frau als Zeichen der Unterordnung unter den Mann, dieser wiederum durfte keine langen Haare haben, „da er Gottes Bild und Herrlichkeit ist“, wie es heißt. Nun, das hat sich doch etwas verändert.

Im Nationalsozialismus wurden blonde Haare zum „germanischen Kennzeichen“ der sogenannten Herrenrasse ernannt. Auch das gibt es Gott sei Dank nicht mehr.

Schwarze und blonde Haare waren in Märchen immer wieder die Kräfte von Gut und Böse. Und in Filmen schufen Blondinen ein Image der Sexbombe, erotisch und ganz schön naiv. Es gab auch Zeiten, in denen Frisöre auf Märkten noch Zähne zogen. Und es gibt Menschen, die haben eine panische Angst zum Frisör zu gehen, leiden unter der Keirophobie.  

Die Mode letztlich hat unsere Haare zu etwas sehr Schmückendem, Erotischem und immer wieder sich veränderndem gemacht, frei, individuell, voller Farben und gestalterischer Ideen.

Dass in der zurzeit herrschenden Krise ein Friseurbesuch wieder möglich wird, das weiß ich richtig zu schätzen, was früher ein fester Bestandteil im Kalender war, wird nun zum wertvollen Termin. Wir lernen, die Dinge wieder zu schätzen. Vielleicht ja eine der guten Seiten, die so eine Krise haben kann.

Frisöre, Coiffeure oder Stylisten, wie immer man sie nennt, können Starcharakter haben, wie jener Udo Walz zum Beispiel, – mir ist allerdings Christoph Waltz lieber, der ist zwar kein Frisör und hat auch noch ein T im Nachnamen aber dafür ein wunderbarer Schauspieler. Es gibt den Barbier von Sevilla oder die französische Tageszeitung Le Figaro. Und: es gibt noch einen Figaro, den ich- außer dem meinen, versteht sich- sehr schätze: Rolando Villazon in Mozarts gleichnamiger Oper. Und mal im Ernst: Wen interessiert bei dieser Stimme schon die Frisur?

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