Barbara Wegmann
Barbara Wegmann, Journalistin, Münster

Die Corona- Krise rufe unsere tiefsten Ängste hervor, aber sie zeige auch das Beste in uns allen, so formulierte es Bundespräsident Frank Walter Steinmeier in dieser Woche. Tatsächlich: es gibt erstaunlich viele Meldungen über Hilfsangebote, besonders junge Menschen engagieren sich in vielen Bereichen, da ist einer für den anderen da. Kreatives Miteinander, unbürokratische Lösungen finden, Helfen überall. Aber neben diesem „Besten“ ruft die Krise auch sicher einige üble Seiten in uns hervor: die Ausgangsbeschränkungen führen zu Unzufriedenheit, zu sozialen Konflikten, zu Streitigkeiten, plötzlich ist die ganze Familie beisammen, Schulen geschlossen, der Vater im Homeoffice, die Mutter überlastet, oder umgekehrt, das birgt Sprengstoff. Beratungsstellen melden vermehrten Bedarf an Gesprächen, die Telefonseelsorge ist gefragt wie nie, häusliche Gewalt nimmt zu, Experten befürchten eine steigende Zahl von Suiziden. Ich denke, dass wir bei all dem gerade das „Beste“ in uns allen leider vergessen, wir vergessen, dass wir ein Leben geschenkt bekommen haben, dass es Zufriedenheit auch ohne Reichtum gibt, dass Kinder das Wertvollste sind, was ein Leben ausmachen kann und man gerade sie nicht in Streit, Ungeduld, Zwistigkeiten, eigenen negativen Momenten ertrinken lassen darf. Kinder haben ein Recht auf Liebe und Sorge, sie haben ein Recht darauf, von ihren Eltern umsorgt, angeleitet und behütet in dieses Leben geführt zu werden, da nützt kein Schimpfen auf den geschlossenen Kindergarten, Kopfschütteln über gesperrte Kinderspielplätze und Fluchen, dass die Kita verschlossene Türen hat. Ich darf Kinder nicht für die Krise und die damit für mich selbst verbundenen Probleme verantwortlich machen. Partner und Kinder sind alles andere als Sündenböcke für diese Krise.

Margot Käßmann sagte einmal, wir können nie tiefer fallen als in Gottes Hand, ich habe meiner Tochter immer gesagt sie könne nie tiefer fallen als in Mamas Hände. Nicht nur allein die Alten und Schwachen sind zur Zeit die Betroffenen, die unter sozialem Abstand, unter Kälte und Isolation leiden, es sind genauso die Kinder und Heranwachsenden, selbst wenn man sie manchmal -je nach Alter gern an der Garderobe abgeben würde. Sie wurden in diese Welt geboren und haben es einfach nicht verdient, dass sie Sündenböcke werden für die elterlichen, beruflichen Schwierigkeiten, für einen Kleinkrieg zu Hause, für Gewalt,     sie   sind   die    falschen    Adressaten.

Aber vergessen dürfen wir nicht, dass es viele Familien gibt, die Sorgen haben, große Sorgen, die sicher lieber zuhause blieben bei den Kindern, aber der Job für den Unterhalt der Familie reicht einfach nicht. Es ist eine gesellschaftliche und politische Schande, dass die Schere in unserer Gesellschaft immer weiter auseinandergeht, astronomische Gehälter für Fußballer, Gagen für Stars, Boni für Manager. Dass Millionen und Milliarden für die Bekämpfung dieser Corona- Krise ganz plötzlich und unkompliziert vorhanden sind, aber nicht einmal im Ansatz für den Abbau sozialer Ungerechtigkeiten oder die Rettung unserer Klima-Probleme, ganz nach dem Motto, das, was in 100 Jahren ist, das geht uns nichts an, das lässt doch aufhorchen, aber: all das geht uns etwas an, weil es die Welt unserer Kinder sein wird.

Wenn der Bundespräsident sagt, diese Krise bringe das Beste in uns zutage, dann hoffe ich, dass dazu auch gerechteres Denken, eine stärkere soziale Empathie, eine größere Chancengleichheit gehören und: ein Zusammenleben, das von mehr Fairness gezeichnet ist. Diese Möglichkeit zur Weichenstellung haben Politiker mehr denn je in Händen. Selbst wenn wir alle im Moment großen Abstand voneinander halten müssen, sollten wir uns näher beieinander fühlen als noch vor Wochen.

Passen sie gut auf sich auf

Udo Waschelitz, Diplom-Religionspädagoge
Udo Waschelitz, Diplom-Religionspädagoge und langjähriger Redakteur bei der evangelischen Wochenzeitung Unsere Kirche

Einen riesigen Rettungsschirm hat der Bundestag aufgespannt. Damit sollen Unternehmen, Krankenhäuser und andere Einrichtungen in der Corona-Krise finanziell unterstützt werden. Von einem Rettungsschirm ist auch in der Bibel die Rede. In einem Psalm heißt es: „Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht zu dem Herrn: Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe.“ Gottes Schirm beschützt nicht vor dem Regen wie der Regenschirm und nicht vor der Sonne wie der Sonnenschirm. Für den Psalmbeter ist der Schirm ein schönes Bild für Geborgenheit und Zuversicht in schweren Zeiten. In diesem mehr als zweitausend Jahre alten Text kann man sogar aktuelle Bezüge erkennen, wenn es heißt: „Gott ist Schirm und Schutzschild, dass du nicht erschrecken musst vor den Grauen der Nacht, vor der Pest, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die am Mittag Verderben bringt.“

Es lohnt sich, die Psalmen zu lesen. Das bestätigt auch eine Frau aus Paderborn, die ihrer Tageszeitung geschrieben hat: „Ich habe mich gerade nach längerer Pause wieder den Psalmen aus der Bibel gewidmet. Sie spenden mir Trost.“ Udo Waschelitz