„Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken. Er soll bei euch wohnen, wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst.“ (3. Mose 19, 33-34)
Das Thema Flucht zieht sich durch die ganze Heilige Schrift. Sie berichtet mehrfach von Menschen, die zu Flüchtlingen wurden: So von Abraham und Sara, die wegen einer Hungersnot nach Ägypten flüchteten. Das Matthäus-Evangelium berichtet uns, dass Jesus kurz nach seiner Geburt mit seinen Eltern ebenfalls nach Ägypten fliehen musste, um den Soldaten des Herodes zu entkommen. Und auch seinen Jüngern ging es nicht besser. Wegen ihres Glaubens an Jesus Christus wurden sie verfolgt und mussten ebenfalls fliehen.
Ich möchte ein paar Erlebnisse aus dem Leben meiner Schwiegermutter berichten. 1926 ist sie in Wolhynien geboren, im Nord-Westen der heutigen Ukraine, das gehörte später zum Großdeutschen Reich. Ihre Vorfahren waren vor langer Zeit von Deutschland nach dorthin ausgewandert. 1939 wurde sie mit ihrer Familie in den Warthegau, im heutigen Polen, zwangsumgesiedelt. Von dort mussten sie vor den anrückenden Truppen erneut fliehen. Nach der Gefangennahme folgten vier Jahre Arbeitslager und schließlich die Ausweisung und so kam sie 1949 ins Lübbecker Land. Fünf Menschen aus ihrem engeren Familienkreis hat sie in dieser Zeit verloren, zwei Schwestern sind gestorben, zwei Brüder sind gefallen bzw. vermisst und auch ihr Vater kam auf der Flucht in den Westen ums Leben. 1950 heiratete sie und gründete eine Familie.
Eine lange zurückliegende persönliche Geschichte, so oder ähnlich tausendfach erlebt, traurig aber wahr und doch leider nichts besonderes. Auch heute nicht im Jahr 2022, und das selbst in Europa – morgen genau 77 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Waren es vor wenigen Jahren vermehrt Menschen aus Nordafrika, die in kaum seetüchtigen Booten über das Mittelmeer zu uns kamen oder – wie jetzt – nach Ausbruch des Ukraine-Krieges. Immer geht es um Menschen, die auf der Flucht sind, um ihr Leben bangen und Schutz und Hilfe suchen.
Eins haben alle Flüchtlinge damals wie heute gemein – so verschieden ihre Fluchtgründe auch sein mögen: Sie alle mussten ihre gewohnte Heimat verlassen. Sie sind aufgebrochen und wussten nicht, was sie erwarten wird. Um ihr Leben zu retten, mussten sie alles zurücklassen, was ihr bisheriges Leben geprägt hat: Familie, Freunde und Heimat. Die meisten Flüchtlinge kommen deshalb mit leeren Händen.
Flüchtlinge brauchen Solidarität
Auch die biblischen Flüchtlinge mussten bei ihrer Flucht vieles zurücklassen und sich für eine ungewisse Zukunft aufmachen. Sie haben dies jedoch im Vertrauen auf Gott getan. Und dieser Gott hat sich in seinem Sohn Jesus Christus immer wieder denen zugewandt, die am Rande der Gesellschaft standen. In seiner Rede von den ´Werken der Barmherzigkeit´ (Matth. 25, 35) spricht Jesus sogar explizit von der Sorge um die Fremden: „… ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen.“
Als Christinnen und Christen, als Menschen überhaupt, sollen wir uns an den Taten und Worten Jesu orientieren und dafür einsetzen, dass Flüchtlinge auch bei uns eine Chance bekommen.
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