Andreas Laqueur, Berlin

Was unterscheidet diese Nacht von allen anderen Nächten?
von Andreas Laqueur, Berlin

Was unterscheidet diese Nacht von allen anderen Nächten? So wird heute Abend wieder gefragt, wie traditionell in jedem jüdischen Haushalt zum Sederabend am Beginn des Passahfestes.
An allen anderen Abenden essen wir Gesäuertes und Ungesäuertes, heute nur Ungesäuertes. So lautet die klassische Antwort. Und auf dem Teller liegen die Matzot, die ungesäuerten Brote, die an den eiligen Aufbruch aus der Sklaverei Ägyptens erinnern.

Dieses Jahr unterscheidet sich die Nacht aber auch von allen anderen Sederabenden der vergangenen Jahre. Immer zum Sederabend am Beginn des Passahfestes versammelten sich Großeltern, Eltern und Kinder, Onkel und Tanten, Cousins and Cousinen zu einer großen fröhlich-festlichen Familienrunde.

Heute Abend sitzen meist nicht mehr als zwei an einem Tisch, Enkel sollen ihre Großeltern nicht besuchen und Kinder nicht ihre Eltern. An vielen Tischen sitzen Menschen ganz allein. Wer stellt nun die klassischen Fragen: Was unterscheidet diese Nacht von allen anderen Nächten. Sonst ist das immer die Aufgabe des jüngsten Kindes am Tisch. Und heute?

Über Videokonferenzen kommen heute viele Familien und Gemeinden zusammen. Natürlich ist das nicht dasselbe, aber vertraute Gesichter und Stimmen von lieben Menschen sind zugegen. Wirklich allein muss niemand bleiben an diesem Sederabend zum Beginn des Passahfestes. Ein Kelch mit Wein steht immer zusätzlich auf dem Tisch, der Kelch für den Propheten Elia. Er ist der Vorbote des Messias. Er ist eingeladen und er kommt unerkannt aber er kommt. Ein Wunsch schließt den Sederabend ab: Nächstes Jahr in Jerusalem – und ein Wunsch kommt in dieser Nacht dazu: Nächstes Jahr wieder in der feierlich-fröhlichen Familienrunde, ob in Jerusalem oder Berlin

Michael Wehrmeyer
Pastor von St. Matthäus Melle und Dechant im Dekanat Osnabrück-Süd

30 Jahre bin ich nun im kirchlichen Dienst. Aber das habe ich noch nicht erlebt: Dass ich über Wochen keinen Gottesdienst feiern kann. Auch an diesem Wochenende wird es wieder so sein. – Corona sei`s gedankt!

Keine Frage: Die Maßnahme ist sinnvoll! Wenn alle anderen auf Abstand gehen, können wir im Gottesdienst nicht das Gegenteil tun! Dabei täte Gemeinschaft gerade jetzt gut – die Vergewisserung, dass man nicht alleine steht.

Doch Gemeinschaft kann man auch in diesen Tagen erfahren. Ich bin fasziniert, wie kreativ Menschen sind und welche Angebote zurzeit entstehen. Auch für die, denen ein geistlicher Impuls wichtig ist: Andachten an Kirchentüren gehängt oder ausgelegt. Gebete, Predigten, Videobotschaften ins Netz gestellt. Angebote verschiedenster Art. Und sie werden abgerufen ohne Ende. Geistliches mal auf anderen Wegen erleben. Geistlich, im Geiste miteinander verbunden sein – das ist es, was jetzt zählt.

Eine besonders schöne Aktion ist – wie ich finde – für den Karsamstag geplant: Um 20.30 Uhr werden an vielen Orten die Glocken läuten – in ökumenischer Verbundenheit. Sie laden die Menschen ein, zu Hause innezuhalten, im Gebet verbunden zu sein. Vorbereitete Andachten werden in den kommenden Tagen in den Kirchen ausliegen oder über das Internet abrufbar sein. Als Einstimmung auf das Osterfest ist das gedacht.

Und alle, die teilnehmen, werden eine Kerze ins Fenster stellen. – Sichtbares Zeichen: Du betest und bist nicht allein!

Ich hoffe, dass viele mitmachen.

Auch so kann man Gemeinschaft erfahren, miteinander verbunden sein!

Als Pastor i.R. war ich in den letzten Jahren nicht nur „in Ruhe“, sondern vor allem sonntags „im Reisedienst“ in verschiedenen Gemeinden. Über meinem Terminplan steht  schon immer das Bibelwort aus dem Jakobusbrief 4,17 „Wenn der Herr will, werden wir  leben  und dies oder das tun.“. Im Zusammenhang dieses Satzes ist von Leuten  die Rede, die  ihre Geschäftsreisen planen. Denen hält Jakobus entgegen „ihr wisst nicht, was morgen sein wird.“  Aber was morgen sein wird, steht doch für alle aktiven Leute im Terminkalender.

Obwohl ich kein Geschäftsmann und auch nicht mehr berufstätig bin, bekam ich in den letzten Wochen viele Absagen. Gottesdienste, die lange im voraus vereinbart wurden, mussten wegen der Coronakrise  ausfallen. Kürzlich bekam ich die Email von einem Paar, das ich vor 25 Jahren getraut hatte und in einigen Tagen mit vielen Gästen seine Silberhochzeit feiern wollte. Sie schreiben: Wir hatten lange gehofft, aber nun müssen wir leider schweren Herzens die Feier absagen. Vermutlich kennen Sie ähnliche Absagen auch aus Ihrem persönlichen Umfeld.  Wie hält man das aus? Wie geht man damit um?

Mir ist in diesen Tagen der Krise und der vielen Absagen ganz neu wichtig geworden, dass es eine Zusage gibt, die nicht abgesagt wird. Eine Zusage, die Jesus, der Sohn Gottes schon vor

rund 2000 Jahren seinen Freunden, die ihm vertrauen zum Abschied gesagt hat: „Siehe, ich

bin bei Euch alle Tage bis an der Welt Ende.“  Jesus will Ihnen nahe sein an allen Tagen, gerade auch in diesen schweren Tagen. Er ist nur ein Gebet weit entfernt.

Lothar Leese

Andreas Laqueur, Berlin
Andreas Laqueur, Berlin

Den Eisvogel habe ich nicht entdeckt.

Es ist ein warmer Frühlingsnachmittag, vergangene Woche, als wir noch Ausflüge machen durften. Gleich bei Lübars im Tegeler Fließ strahlen die Wildkirschen in voller weißer Blüte, die Äste wie dick verschneit. Am Köppchensee am Fuß der ehemaligen Mülldeponie stehen wir am Aussichtspunkt. Neben uns ein älteres Ehepaar in Wanderschuhen – beide schauen durch ihre Ferngläser nach unten in das Schilfufer. „Sie sehen so professionell aus. Was beobachten Sie da am See?“ „Einen Eisvogel, da unten gleich rechts neben dem toten Baum“ antwortet die Frau, „aber mit bloßem Auge können Sie ihn nicht sehen.“ Und dann fügt sie mit bedauerndem Lächeln hinzu: „Mein Fernglas kann ich Ihnen ja nicht leihen.“

Nein, das Fernglas kann sie uns nicht leihen. Das habe ich auch nicht erwartet. Am Aussichtspunkt halten wir gebührenden Abstand, sicher drei oder vier Meter. Und ich entdecke etwas anderes, eine neue Achtsamkeit. Dass Sie mir ihr Fernglas nicht in die Hand gibt, das tut sie, um ihre Gesundheit zu schützen und um meine Gesundheit zu schützen. Viele Spaziergänger sind unterwegs, Eltern mit Kindern, Paare und Einzelne – und alle lassen Platz zwischen sich und ihren Mitmenschen. Menschen, die mir begegnen lächeln, nicken sich zu. Den Eisvogel habe ich nicht entdeckt – aber dafür eine neue Achtsamkeit im Umgang miteinander, nicht nur beim Spaziergang im Grünen.

Jeden Tag möchte ich jemandem etwas Nettes sagen, da wo ich noch unbekannten Menschen begegne, der Kassiererin im Supermarkt oder dem Verkäufer an der Backtheke. Und diese neue Achtsamkeit möchte ich mir bewahren – über die Corona-Krise hinaus.

Andreas Laqueur, Berlin

Christine Hölscher - Kath. Pfarreiengemeinschaft St. Clemens und St. Jakobus d. Ältere
Christine Hölscher, Pfarrbeauftragte, Kath. Pfarreiengemeinschaft St. Clemens und St. Jakobus d. Ältere

An diesem 5. Fastensonntag steht in der katholischen Kirche ein biblischer Text aus dem Johannesevangelium im Mittelpunkt, die Auferweckung des Lazarus. Lazarus lebt mit seinen Schwestern Marta und Maria in Bethanien, in der Nähe von Jerusalem. Schon 4 Tage liegt er im Grab, als Jesus endlich kommt … und dann das Wunder!

Christine Hölscher spricht an diesem Sonntag darüber und schlägt den Bogen in unsere Zeit

Die vollständige Ansprache können Sie hier hören:

Vollständige Ansprache
St. Jakobus d. Ältere, Glane
Udo Waschelitz, Diplom-Religionspädagoge
Udo Waschelitz, Diplom-Religionspädagoge und langjähriger Redakteur bei der evangelischen Wochenzeitung Unsere Kirche

Einen riesigen Rettungsschirm hat der Bundestag aufgespannt. Damit sollen Unternehmen, Krankenhäuser und andere Einrichtungen in der Corona-Krise finanziell unterstützt werden. Von einem Rettungsschirm ist auch in der Bibel die Rede. In einem Psalm heißt es: „Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht zu dem Herrn: Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe.“ Gottes Schirm beschützt nicht vor dem Regen wie der Regenschirm und nicht vor der Sonne wie der Sonnenschirm. Für den Psalmbeter ist der Schirm ein schönes Bild für Geborgenheit und Zuversicht in schweren Zeiten. In diesem mehr als zweitausend Jahre alten Text kann man sogar aktuelle Bezüge erkennen, wenn es heißt: „Gott ist Schirm und Schutzschild, dass du nicht erschrecken musst vor den Grauen der Nacht, vor der Pest, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die am Mittag Verderben bringt.“

Es lohnt sich, die Psalmen zu lesen. Das bestätigt auch eine Frau aus Paderborn, die ihrer Tageszeitung geschrieben hat: „Ich habe mich gerade nach längerer Pause wieder den Psalmen aus der Bibel gewidmet. Sie spenden mir Trost.“ Udo Waschelitz

Pfafferin i.R. Erika Strunck, Dortmund
Pfarrerin i.R. Erika Strunck, Dortmund

Dietrich-Bonhoeffer:

Ich glaube, dass Gott aus allem auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen.