„Wo die Weser einen großen Bogen macht, wo der Kaiser Wilhelm hält die treue Wacht“, heisst es in dem Heimatlied der Ostwestfalen. Gemeint ist damit die Porta Westfalica, die Westfälische Pforte, der Durchbruch der Weser zwischen Wiehen – und Wesergebirge.
So ein Fluss ist Heimat, birgt Erinnerungen, wie das erste Baden in den Sommermonaten um 1959 . „Ein Schiff, ein Schiff“, riefen die Kinder und standen knietief im Wasser, es war strikt verboten, ohne Aufsicht weiter zu gehen. Auch so spürten sie zum ersten Mal die Kraft des Elements, der Sog zog kräftig Kies und Sand unter den Füssen fort, die darauf folgenden Wellen machten das Wasser lebendig, gaben einen Vorgeschmack auf das Meer und weckten bei manchen die Sehnsucht danach.
Älter geworden und im Besitz des Freischwimmerabzeichens, gehörte es später zur Mutprobe, den Strom mit seiner raschen Strömung zu durchqueren. Das ging nicht auf direktem Weg, es galt, mit der Strömung eins zu sein, leicht schräg mit ihr zu schwimmen. Daraus kann man eine Lebensphilosophie machen – sich treiben lassen, mit Druck ein wenig schräg dagegen, aber nie die Richtung aus den Augen verlieren. Herzklopfen und Stolz, es geschafft zu haben! Eine gefährliche Probe, denn zu der starken Strömung kam die Gefahr der Flussdampfer, deren Sog schon manch guten Schwimmer erfasst hatte. Auch wussste man in den 50er Jahren noch wenig von den Abwässern, dem Gift, das bald Leben in der Weser tötete.
Mit zunehmendem Alter veränderte sich der Blickwinkel auf den Fluss , nämlich beim Sport, dem Rudern. Vom flachen Wasser schaute man in die Böschungen, liessen sich Wasservögel beobachten und man konnte träumen, sich mitziehen zu lassen, den Fluss vorwärts zu erleben bis zur Nordsee, Bremerhaven, ausschiffen nach Übersee, Amerika. Für manche wurde der Traum war.
Heute ist die Weser mit ihrem wieder sauberen Wasser ein Besuchermagnet, selbst in Coronazeiten tummeln sich Radfahrer auf den gut ausgebauten Radwegen, die zum Teil auf den alten Treidlerpfaden angelegt wurden, auf denen man in alten Zeiten die Flussschiffe flussaufwärts zog. Dazu gibt es in Minden eine Besonderheit: seit über hundert Jahren wird die Weser hier vom Mittellandkanal überquert, eine Schleuse verbindet Fluss und Kanal. Inzwischen hat sich die Flussschifffahrt zum größten Teil auf die künstliche Wasserstraße verlegt, der Hafen liegt dort oben. Auf der Weser sieht man fast nur noch Ausflugsdampfer, kleine Jachten und Sportboote. Wo am Ufer sonst reges Leben herrscht, in Biergärten, Beach-Bars mit aufgehäuften Sandstränden, ist in Coronazeiten die alte Beschaulichkeit wieder eingezogen. An stillen Buchten, Wiesen und Kieselstränden lässt es sich mit Blick auf die Porta Westfalica wieder ungestört träumen.